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Solo-Tour Spiekeroog-Helgoland und retour (keine Antworten)

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Moin,

Hier mein Bericht und am Ende der Link auf Fotos von einer Tour nach Helgoland, Ende Juni 2018.

AUSGANGSLAGE

Um passendes Wetter für eine Helgoland-Tour zu haben, hatte ich 2017 zu Hause und auf der Arbeit die Absprache,
ich brauche eine Woche Urlaub im Mai, weis aber noch nicht, welche.
Kann man aber nicht jedes Jahr bringen, daher war dieses Jahr die letzte Juni-Woche für Seekajakfahren fest ausgemacht.
Meine Priorität für diese Woche war wieder eine dreitägige Paddeltour nach Helgoland (ein Tag hin, mindestens ein Tag dort, ein Tag zurück),
als Plan B ein Abschnitt der deutschen Nordseeküste, an dem ich noch nicht gewesen bin.


WETTER

In der Woche davor sah die Wetterprognose meistens ganz passend aus,
allerdings änderte sich ständig die Dauer des für mich zur Verfügung stehendem Zeitfensters.
Mal war die ganze Woche OK, mal 3 Tage, mal nur 2 Tage,
am Beginn "meiner" Woche dann wieder aufweitend auf 3 Tage mit einem über der Nordsee liegenden Hochdruckgebiet.


STRECKE

Nachdem ich mich beim Bodenseemarathon lange mit Kunse (Schönen Gruß!) über meine bisherigen Erfahrungen und seine Pläne für eine Fahrt Spiekeroog-Helgoland unterhalten hatte,
war diese Route auch in meinem Bewusstsein angekommen, nachdem ich letztes Jahr vom Startpunkt her gedanklich zwischen Cuxhaven und St.Peter-Ording unterwegs war.
Hatte auch bis dahin noch nichts von einer Fahrt ab Spiekeroog gehört/gelesen, scheint aber lt. Zeltplatzwart auf Spiekeroog hin und wieder mal vorzukommen.

Beim Blick auf die Seekarte fällt mal auf, dass man von Spiekeroog aus drei Schifffahrtsstraßen/Verkehrstrennungsgebiete queren muss, Jade (nach Wilhelmshaven), Weser (Bremerhaven/Bremen) und Elbe (Hamburg).
Ist schon mal ein Unterschied zur Strecke ab Büsum oder St.Peter-Ording, wo nur ein paar Fischer und der Ausflugsverkehr auf gut einschätzbaren Kursen unterwegs sind.

Bei Blick in den Strömungsatlas sieht man dann, dass es auf der Strecke nur westliche oder östliche Strömungen gibt, die einen nicht zum Ziel unterstützen, aber auch nicht stören.
Um abschätzen zu können, wie groß der West-/Ost-Versatz bei auflaufend Wasser zwischen NW Spiekeroog und HW Helgoland ist,
hatte ich auf einer Klarsichtmappe die Strecke mit Edding aufgezeichnet, in 8 Teile unterteilt, nacheinander die Blätter des Strömungsatlas eingelegt,
jeweils stundenweise Richtung und Stärke der Strömung abgelesen und aufaddiert und war so auf 15 bis 16 Kilometer seitliche Abdrift gekommen,
was ziemlich genau zur West-Ost-Anordnung Spiekeroog und Helgoland auf der Landkarte passt.
Wieso eigentlich in 8 Teile ? Wahrscheinlich weil die Strecke von gut 50 Kilometern für mich wie 8 Stunden klang und ich letztes Jahr auch schon 8 Stunden für 65km hin benötigt habe.
Wer schneller paddelt, z.B. im selbstgebauten Umiak, nimmt halt eine kleinere Zahl und damit eine gröbere Teilung der Strecke im Strömungsatlas. ;-)


FAHRT (24. - 29.06.2018, Sonntag bis Samstag)

Bin also am Sonntagnachmittag nach Neuharlingersiel angereist, dort übernachtet, am Montag bei Windstärke 5 rüber nach Spiekeroog zum Strand vom Zeltplatz, keine anderen Seekajaks dort, im Texas-Tal das Zelt aufgebaut.
Das mir gut erscheinende Zeitfenster für die geplante Tour hatte sich auf Mittwoch bis Freitag eingestellt.
Die Nordsee war bei der Ankunft gut in Wallung, da es die Tage davor aus nordwestlicher Richtung munter geblasen hatte,
klang dann aber am Dienstag bei abflauendem Wind ab und schlief dann bis auf den Brandungsstreifen Otzumer Balje am Mittwochmorgen ziemlich ein.
Nachdem mir die Arbeitswoche davor, die Vorbereitungen und die Anreise etwas in den Knochen steckten, passten die zwei Nächte auf Spiekeroog prima.

Bin am Mittwochmorgen um 5 Uhr am Strand im Boot gesessen (HW Helgoland - 7h) und bei Ententeichbedingungen die ersten 4,5km bis zum Brandungstreifen gepaddelt,
dann 600 Meter einige kleinere sich brechende Wellen von vorne ohne Probleme durchfahren, draußen an der Tonne Otzumer Balje war ruhige See und gute Sicht,
auf Wangerooge war der Turm von der Jugendherberge gut zu sehen.

An der Tonne machte ich noch einen kurzen Versuch mit meinem selbstgebogenen Enterhaken.
Hintergrund: Hatte mir im Vorfeld Gedanken über mögliche Pausenplätze auf der Strecke gemacht, da kamen aus meiner Sicht Tonnen und Reedegebiete in Frage.
Aber dazu mehr beim Teil über die Rückfahrt weiter unten.

Entsprechend der Planung dann weiter zur Tonne Jade 1 und zur Weser 2.
Anhand der Reede-Gebiete "Neue Weser" kann man sich gut orientieren, es lagen vielleicht 15 Frachtschiffe dort,
mit etwas Abstand kam das auf einen Lotsen wartende russische Segelschulschiff "Mir" vorbei,
ein Offshore-Versorger lag ungeankert, vermutlich GPS-gestützt, nahe Tonne "Jade 1".

Weiter nördlich kam von Westen ein großes Frachtschiff, bei dem ich zuerst vermutete, dass es nach Hamburg wollte.
Ich ließ es vor mir passieren, bevor es einige Zeit später seinen Kurs nach Backbord von mir weg, in Richtung meiner weitere Route änderte,
um letztendlich in einem mehrere Kilometer großem Halbkreis langsam zum Ankern ins Reedegebiet "Elbe Approach" südwestlich von Helgoland zu fahren,
das Ganze dann begleitet von regem Funkverkehr mit German Bight Traffic auf UKW-Kanal 80, um einen geeigneten Ankerplatz im bis dahin leeren Reedegebiet zu finden.

Nach 27 Kilometern kreiste der erste Basstölpel über mir, nach 32km habe ich Helgoand das erste Mal gesehen.
Vielleicht so 15km davor kamen mir mit einigem Abstand zueinander, aber auch zu mir, 3 Segler entgegen, die ersten beiden grüßten per Handzeichen, der Zweite meldete zusätzlich über UKW die Sichtung eines kleinen Bootes,
der Dritte änderte plötzlich seinen Kurs auf mich.
Ich also meinen Kurs scharf zur Seite geändert, er ändert seinen Kurs wieder auf mich, usw., bis mir klar war, dass er etwas von mir wollte.
Er hat dann nett gefragt, ob bei mir alles klar wäre oder ob ich irgendetwas bräuchte. Habe mich sehr für die nette Nachfrage bedankt, ihm meine Tour geschildert und dann ging es weiter.

Kam dann gut bei der Tonne Helgoland-O an und sah, dass einige Motorboote dicht an der Steilküste lang fuhren, bin dann auch dahin abgebogen, aber mit weiterem Abstand.
Mein urspünglicher Plan war eigentlich, direkt zum Zeltplatz auf der Düne zu fahren und am nächsten Tag Helgoland zu umrunden.
Passte aber mit dem Sonnenlicht aus der richtigen Richtung und der vielen Seehund-Begleitungen dann prima, sodaß ich dann erst später in einer Ecke des Nordstrands der Düne
außerhalb des mit gelb-roten Fahnen gekennzeichneten leeren Badebereichs bei rücksichtsvollem Verhalten gegenüber Tieren
(3 neugierige Seehunde waren mir ab der Helgoländer Jugendherberge gefolgt) und der Natur am späteren Nachmittag anlandete und mein Zelt aufbaute.

Am nächsten Tag, Donnerstag, war Ruhetag mit Fährüberfahrt zur Hauptinsel, bereits im letzten Jahr bewährter Massage,
Inselrundgang entlang der Steilküste, im Vergleich zum Mai 2017 6 Wochen später schon auch große Küken bei den Basstölpeln,
am Hafen eine der beiden Eiskugeln von den Möwen stibitzen lassen,
Dünenfähre, Wetterprognose abrufen, Nachmittagsschläfchen und Vorbereitungen für die Rückfahrt.

Die Wetterprognose für die Rückfahrt am Freitag war rauer, in der Nacht davor Windstärke 4, in Böen 5, aus nördlicher Richtung, Seewetterbericht sagte mehr als Windfinder an.
Aus meiner Sicht in Summe OK, da Rückenwind und Rückenwelle von schräg hinten.

Bin dann am Freitag eine Stunde nach Niedrigwasser bei warmen Wind von der Düne Helgoland los (die Strömung läuft dann noch leicht nach Osten, bevor sie später kippt),
hab dann noch im Südhafen einen kurzen Stopp gemacht, um die Paddeljacke über das dünne Paddelhemd drüber zu ziehen, war bei der Querung zwischen den Inseln für mich schon zu kühl.
Dann raus aus dem Südhafen, und je weiter von Helgoland entfernt, umso höher wurde die Dünung, die Wellen brachen sich aber nicht, waren aber vom überlagerten Wind her ziemlich schwabbelig.

Von hinten hörte ich das Geräusch einer Motorjacht, hab dann gestoppt und danach Ausschau gehalten und mein Niko-Signal bereitgehalten, da ich mir nicht sicher war, dass die mich bei dem Seegang rechtzeitig sehen.
Die drei jungen Männer auf der Brücke überholten mich dann in vielleicht 200 Metern Abstand auf gleichem Kurs.

Nach einigen Kilometern Richtung Süden bemerkte ich im Westen noch sehr weit weg einen nach Hamburg zeigenden Frachtschiff-Bug, aber sehr weit weg.
Bei Seegang dann meine erste Abschätzung über Kollisionsgefahr gemacht. Entscheidung weiterzupaddeln, Schiff (Aufschrift "YANG MING" ) ist deutlich hinter mir vorbei.

Nach 10km musste ich mal pinkeln, hab dazu meinen Kurs nach Westen auf das Reedegebiet "Elbe Approach" geändert
und auf der Lee-Seite von meinem Hinfahrt-Halbkreis-Frachtschiff (das sah man auch von Helgoland aus) im glatten Wasser meine Pause gemacht.
Danach bin ich dann weiter, der nordwestliche Wind hat mich dann wieder auf die gewünschte Peillinie weiter östlich geschoben.

Navigiert habe ich zurück, wie bei der Hinfahrt, mit Kompass, Seekarte und GPS, allerdings diesmal bei Seegang.
Um nicht so oft nach unten schauen zu müssen, hab ich mir dann auffällige Teile vom graubedeckten Wolkenhimmel als Hilfs-Navigations-Ziele gesucht, auf die man einige Zeit zupaddeln konnte.
Das hatte auch den Vorteil, dass man im Wellental ein Navigationsziel hat, weil der Horizont und alle Schiffe in dem Seegebiet für die Zeit im Wellental nicht mehr sichtbar sind.

Dann noch weit entfernt aus östlicher Richtung ein von Hamburg kommendes seewärtsgehendes großes Containerschiff, Kurs direkt auf mich zu.
Ich vermutete zuerst, dass das Schiff Kurs Westen fahren würde und nach der Abschätzung "Warten" oder "Gas geben" hatte ich mich für Paddeln entschieden.
Leider änderte sich die unschöne Bugansicht nicht, da der Frachter seinen Kurs nach Backbord in Richtung WSW in meine Fahrtrichtung geändert hatte.
Also erneute Entscheidung weiterzupaddeln und die spannende Frage, wie weit er seinen Kurs wohl noch ändern würde.
Nach gefühlt langer Zeit sah ich dann doch seine Backbord-Bordwand (Aufschrift "APL" ) und er fuhr geschätzt einen Kilometer hinter mir vorbei.
Davon habe ich ein mehrere Fotos gemacht, man bekommt auch zuhause einen Eindruck vom Seegang und vom Navigieren im Wellental ,,,

Ungefähr nach 30km kreisten nochmal zwei Basstölpel auffällig lange über mir.
Ich hab ihnen nach der x-ten Runde erklärt, dass mein rotes Boot kein Fels zum Brüten sei und sie bitte verschwinden sollten.
Sie zeigten sich dann auch einsichtig.

Den Unterschied zu der Route ab Büsum merkte man auch an den Funksprüchen.
Während letztes Jahr bei der Rückfahrt nach St.Peter-Ording das Highlight war, dass die Küstenwache einen Fischer fragte, wann er sein Netz hochholen würde, damit sie die Maschenweite überprüfen könnten,
war es diesmal das Gespräch eines Hubschrauber-Piloten, der mit einem Frachtschiffkäpitän klärte, dass das schiffseitige Hubschrauberlandedeck mit leider nur 13 Metern Durchmesser einen Meter zu klein für seinen Hubschrauber wäre,
er daher nicht landen könnte und darum den Lotsen für die Einfahrt nach Hamburg in 10 Minuten über dem Schiff schwebend runterwinschen müsste.

Da ja die Pausenplätze bei den Bedingungen für alle rar waren, hatte ich weniger getrunken als gewöhnlich, kam dann bei der Tonne "Weser 2" an,
habe aber meinen Enterhaken wegen der tanzenden, stampfenden, sich seitlich neigenden Tonne nicht eingesetzt, sondern schön Abstand gehalten.
Erfahrungen mit dem Enterhaken zusammengefaßt: Bei Ententeich braucht man ihn nicht, bei Seegang will man ihn nicht!
Daher Bug Richtung Welle gedreht, Spritzdecke auf zur Pinkelpause. Hat den Vorteil, man sieht, wenn es doller schaukeln wird oder wann der Fahrstuhl rauf oder runter fährt.
Hab über einen nicht vorhandenen Treibanker nachgedacht.

Weiter zur Tonne "Jade 1", diesig/nebelig, von Wangerooge kein Turm zu sehen.

Unterwegs hatte ich mich schon gefragt, wie wohl der Brandungsgürtel an der Otzumer Balje bei Seegang zum Ende meiner Querung aussehen würde,
nachdem mir bei der Hinfahrt bei Ententeich schon kleine brechende Wellen entgegenkamen.
Nach 8 Stunden erreichte ich eine Stunde nach HW Spiekeroog den Brandungsgürtel östlich der Otzumer Balje, da ich ihn nicht gegen das schon ablaufende Wasser in der eigentlichen Fahrrinne durchfahren wollte (Wind/Welle gegen Strom).
Meine Vorüberlegungen waren begründet, die Wellen (geschätzt ca. 1,2 bis 1,5 Meter) brachen bei dem Wasserstand nicht direkt auf die Sandbank, sondern noch im tieferen Wasser.
Meine Taktik war, sobald ich auf einer Welle in einem Bereich war, der sehr steil war und unmittelbar zu brechen drohte, sofort per Fußsteuer eine scharfe 90Grad-Kurve zu fahren, um langsamer als die Welle zu werden.
Die Wellen brachen beim Durchfahren dann auch alle direkt vor mir und ich kam ohne Kenterung und Eskimorolle gut im Ententeich dahinter und eine Stunde später am Zeltplatz-Strand Spiekeroog an.


ABSPANN

Am nächsten Tag konnte ich erst mit einem mir bisher nur dem Namen nach bekannten Paddler und seinem Kumpel kurz schnacken,
dann später mit einem netten musikalischen Kajakfahrer aus Berlin wieder nach Neuharlingersiel,
nächstes Mal würde ich ins Gespräch vertieft, aber ohne Reparaturstelle am Bug, um den noch knapp überspülten Leitdamm paddeln ;-),
die empfohlenen und mitgenommenen Matjes von der Fischereigenossenschaft waren übrigens sehr lecker !


FOTOS

Gibt es hier.


Ahoi,
Rudi

PS:
Zeilenumbrüche passe ich bei Gelegenheit noch an die Darstellung hier an.

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