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Zum Einfluss des Volumens auf die Tragfähigkeit (keine Antworten)

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Ahoi!

„Länge läuft!“, „Breite bremst!“, „Kielsprung kurvt!“, „Rundspant rennt!“ und „Volumen?“ Was haben wir über dieses Seekajakeigenschaftsmerkmal zu sagen? dodderer hat in seinem Thread "Beladung, welcher Massstab?" dieses Thema angesprochen, wenn auch das für ihn infrage kommende Kajak von PRIJON kein typisches Seekajak ist. Ich möchte daran in einem eigenständigen Thread anknüpfen und dabei den Schwerpunkt allein auf das Thema Volumen & Tragfähigkeit legen. Sorry, dass mein Beitrag etwas "voluminös" geworden ist.

Vorgaben & Abwägungen

dodderer bezieht sich bei seinem Thread auf das folgende Kajak:

„Enduro 450 HTP": 453x62 cm, 27 kg, 380 Liter Vol., davon 154 Liter Bug-/Heckstauraum
=> max. 130 kg Zuladung und 70-115 kg Paddlergewicht

Wenn wir uns ein schnelleres Seekajak wünschten, so ist der „Enduro 450“ sicherlich etwas kurz & breit geraten und auch zu schwer (im Vergleich zu einem Seekajak aus Faserverbundstoffen), dafür jedoch müsste es widerstandsfähiger sein. Aber was sagen uns die 380 Liter Volumen? Gibt es doch auch Seekajaks mit unter 300 Liter Vol. bzw. über 400 Liter Vol.!

Mittlerweilen ist es ja schon Forumsstandardwissen, dass bei gleicher Beladung:

• ein weniger voluminöses Seekajak nasser läuft
• und ein voluminöseres Seekajak windempfindlicher wird.

Dabei ist zu beachten, dass diese Fahreigenschaften abhängig sind von der Beladung:

• je schwerer ein Seekajak mit einem vorgegebenen Volumen beladen wird, desto nasser wird es laufen
• und je leichter es beladen wird, desto windempfindlicher wird es sein.

Zum Gewicht, welches ein Seekajak zu transportieren hat, zählt dabei Folgendes:*

• das Gewicht des Seekajaks (z.B. 27 kg*),
• das Gewicht des Paddlers (inkl. Paddelbekleidung) (z.B. 85 kg* + 5 kg),
• das Gewicht an Ausrüstung (Paddel, Bootswagen, Zelt u.a.) (z.B. 10 kg*),
• und das Gewicht des Gepäcks für Verpflegung und Getränke) (z.B. 40 kg*).

(*Hinweis: Es handelt sich hier um die Werte, die dodderer bei seiner Anfrage für sich ansetzte.)

PRIJON lässt uns nun bei unserer Entscheidung für das richtige Volumen nicht allein. Immerhin gibt er neben dem Volumen die max. Zuladung an => 130 kg (ohne Bootsgewicht) (zum Vergleich: dodderer setzt hier 140 kg an). Außerdem nennt Prijon die untere und obere Grenze des Paddlergewichts => 70-115 kg (zum Vergleich: dodderer bringt 85 kg auf die Waage). D.h. dodderer liegt mit seiner Beladung mit 10 kg knapp über der max. Zuladung, die PRIJON vorgibt, was diskutabel ist; denn der „Enduro 450“ eignet sich auch zur Befahrung von „spritzigen“ Kleinflüssen und dann sollte u.U. nicht so voll geladen werden wie bei einer Großgewässertour!?

Alternativen

Was machen wir nun, wenn wir diesen Herstellerangaben nicht ganz trauen möchten oder der Hersteller nur dürftige oder gar keine Angaben zur Beladung macht? Ja, dann müssen wir uns selber darüber Gedanken machen. Solang wir das Volumen eines Seekajaks kennen, ist das noch möglich.

Ohne Kenntnis des Volumens müssten wir z.B. von der Länge eines Seekajaks auf sein Volumen schließen, was dann zu dem Trugschluss führen könnte, dass wir, wenn z.B. der 450 cm kurze „Enduro 450“ schon 380 Liter Vol. hat, meinen könnten, dass z.B. ein 530 cm langes Seekajaks dann mindestens über 400 Liter Vol. verfügen müsste!?

Natürlich könnten wir auch versuchen, das Seekajak mit Wasser auszulitern, um einen erste Vorstellung von der Tragfähigkeit des Seekajaks zu bekommen.

Schließlich könnten wir es auch darauf ankommen lassen. D.h. wir besorgen uns einfach unser „Traumkajak“, z.B. den „Enduro 450“, PRIJONS „Allzweckwaffe mit Frachtlizenz“, mit dem wir „den gesamten Flusslauf vom spritzigen Oberlauf im Gebirge bis zur Mündung ins Meer (bewältigen)“ können. Anschließend legen wir es – vorausgesetzt wir sind alleinwohnend – in die „Gute Stube“ und packen so lange das Kajak, bis wir wissen, welches Gepäck wir in die Gepäckluken, notfalls auch in die Sitzluke stopfen und gegebenenfalls auch auf dem Achter- und Vorderdeck verstauen können. Wenn wir Tourenradler sind, dürften wir beim Beladen sicherlich keine Probleme bekommen. Autocamper dagegen werden wohl einsehen müssen, dass nicht mehr jede Liegematte, jeder Bootswagen, jeder Tisch, jeder Stuhl, jeder Zwei-Flammen-Kocher, jeder Regenschirm, die Hängematte, die Gummistiefel, die Kiste Bier…. – und zwar alles auf einmal - mitgenommen werden können. Aber selbst dann noch sind mit dem „Enduro 450“ Gemeinschaftsfahrten möglich, solange das Leitmotiv nicht „leicht & schnell“ sondern „komfortabel & gemächlich“ lautet (=> „Küstenkanuschlendern“).

Bei Kenntnis des Volumens bleibt uns manches davon erspart. Wir stochern nicht so im Dunkeln, weil wir Vergleiche mit Seekajaks anstellen können, deren Volumen wir ebenfalls kennen. Aber Mehr-Volumen bedeutet nicht immer auch mehr nutzbarer Stauraum, sei es:

• dass übermäßig viel Volumen von der Sitzluke in Anspruch genommen wird, welches nicht bei jeder Gewässertour mit Gepäck vollgestopft werden sollte (=> „clear Cockpit“);
• dass Bug und Heck so spitz zusammenlaufen, dass das vordere bzw. hinterer Drittel Stauraum nur mit viel Geschicklichkeit & Fantasie genutzt werden kann (z.B. Weinflaschen bzw. Schuhe, werden einzeln in der Bug- bzw. Heckspitze verstaut, wobei diese Gepäckstücke mit einem Seil gesichert werden sollten, sodass wir sie herausziehen können, ohne das Kajak hochkant stellen zu müssen);
• dass der Bug- und Heckstauraum eine solch ungünstige Innen-Höhe bzw. Innen-Breite haben, dass beim Verstauen viele Freiräume zurückbleiben, was uns jedoch nicht verzweifeln lassen sollte; denn mit Hilfe anderes geschnittener Gepäcksäcke und einer geschickteren Verpackung von Kleinteilen (=> z.B. Wasserflaschen statt Wasserbeutel) lässt sich meist der verfügbare Stauraum besser nutzen.

Faustformel

Um eine erste Vorstellung von der „Tragfähigkeit“ (=> Gesamttransportgewicht, Beladung) eines Seekajaks in Abhängigkeit von seinem Volumen zu bekommen, habe ich mal eine „Faustformel“ entwickelt (s. hierzu: SEEKAJAK, Nr. 51/95, S.69-74), mit der wir ermitteln können, wie hoch das Gesamttransportgewicht mindestens sein müsste und maximal sein dürfte, um einigermaßen seetüchtige auch bei härteren Gewässerbedingungen entlang der Küste schippern zu können. Die Formel lautet wie folgt:

30 % Volumen (Liter) < Gesamttransportgewicht (kg) < 60 % Volumen (Liter)

Daraus folgt, dass das Gesamttransportgewicht eines Seekajaks z.B. mit 380 Liter Volumen zwischen 114 kg (=> 30% vom Volumen) und 228 kg (=> 60% vom Volumen) liegen sollte, wobei zum Gesamttransportgewicht (G) folgendes zählt:

G = Seekajakgewicht + Paddlergewicht (inkl. Paddelbekleidung) + Ausrüstungsgewicht + Fahrtengepäcksgewicht

Diese Faustformel ist auf Seekajaks zugeschnitten, mit denen wir ab 3-4 Bft. Wind entlang der Küste paddeln. Für Binnengewässer, insbesondere leichtes Wildwasser, gibt es sicherlich andere Grenzwerte. Die beiden minimalen bzw. maximalen Beladungsgrenzwerte stellen dabei keine Idealwerte da, wobei festzustellen ist, dass der Maximalwert i.d.R. kaum erreicht werden wird (=> weil das Volumen des Gepäcks die Beladung bestimmt!) und der Minimalwert von kleineren und leichteren Paddlerinnen und Paddlern bei Tagestouren häufig unterschritten wird.

Z.B. liegt das minimale Gesamttransportgewicht beim „Enduro 450“ (380 Liter Vol.) bei 114 kg (=> 30% von 380 Lit. Vol.), daraus folgt, dass bei 28 kg (Kajakgewicht) + 10 kg (Tagesausrüstung) die Person mindestens 76 kg auf die Waage bringen müsste, wenn sie bei einer Küstentour nicht zum Spielball von Wind & Welle werden möchte. Wobei diese 76 kg die Paddlergewichtsuntergrenze darstellt; denn die wünschenswerte Beladung liegt zwischen 40% und 50% des Volumens, also bei einem 380 Liter Seekajaks zwischen 152 kg und 190 kg. Und wo liegt die ideale Beladung? Nun, sie liegt wohl zwischen 40 % und 50 % und hängt wesentlich von der Rumpfform ab und dem, was wir mit dem 380-Liter-Kajak vorhaben.

Was nun den Poster dodderer betrifft, so kommt er mit seinen Beladungsvorgaben auf 140 kg und liegt somit mit 37% Beladung seines „Enduro 450“ im „grünen“ Bereich, sofern er in der Lage iist, sein Gepäck unter Deck zu verstauen!? Dennoch ist ihm anzuraten, vor Antritt der gewünschten Küstentour zu checken, über welche Fahreigenschaften der „Enduro 450“ bei der gewünschten Beladung verfügt! Denn diese „Faustformel“ liefert nur eine Näherungslösungen.

Befinden wir uns noch auf der Seekajaksuche, sollten wir jedoch aufmerken, wenn das Seekajak unserer Wahl vom Volumen her z.B. bei Tagestouren unterhalb der minimalen Beladungsgrenze und bei Gepäcktouren oberhalb der maximalen Beladungsgrenze liegt.

Schlussbemerkungen

Natürlich finden wir allein mit Hilfe dieser Faustformel nicht das uns zufriedenstellende Seekajak. Dazu gehört mehr als nur als ein Seekajak mit passendem Gesamtvolumen zu finden, z.B. betrifft das auch:

• die Volumenverteilung auf Bug, Cockpit und Heck,
• die Länge (inkl. Wasserlinienlänge) und Breite,
• die Rumpfform,
• das Bootsmaterial,
• das Steuer/Skeg,
• die eingbaute Sicherheitsausrüstung,
• der Halt in der Sitzluke,
• und schließlich: die persönlich vorgenommene Gepäckverteilung auf den Bug- und Heckstauraum.

Letztlich hängt es auch davon ab, was wir mit dem Kajak vorhaben. Wollen wir mit ihm:

• im Seegang spielen („Player“),
• lediglich Tagestouren unternehmen („Day-Tourer“),
• mehrtägige bis mehrwöchige Gepäckfahrten unternehmen („Tourer“),
• Gepäckfahrten unternehmen, bei dem der Komfort an erster Stelle steht („Transporter“),
• „leicht & schnell“ unterwegs sein („Racer“),
• fast überall anlanden können („All-Terrain“).

Last but not least hängt es auch davon ab, ob wir solo paddeln wollen oder in Gruppe:

• Auf Gruppenfahrten empfiehlt es sich schon, dass alle mit der ähnlichen Ausrüstung ausgestattet sind; denn „Racer“ harmonieren genauso wenig mit „Playern“ wie Biwakierer mit Campern;
• Und bei Solo-Touren, wo das Kajak lediglich als „Transportmittel“ angesehen wird, mit dem wir einfach nur unterwegs sein möchten, zählen im Wesentlichen Volumen & Haltbarkeit.

Gruß aus Hamburg: Udo Beier

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